Und der HERR Zebaoth wird allen Völkern machen auf diesem Berge ein fettes Mahl, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist. Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegtun, damit alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind. Er wird den Tod verschlingen ewiglich; und der Herr, HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben alle Schmach seines Volks in allen Landen; denn der HERR hat's gesagt (Jes. 25,6-8).
Zu diesem Bibeltext
Die "große Jesaja-Apokalypse" (Jes 24-27)
Es handelt sich dabei um einen Text, der zu den spätesten Einschüben in das Jesaja-Buch überhaupt gehört. Vermutlich wurde dieser Abschnitt aus mehreren Vorlagen im späten 3. Jahrhundert v. Chr. zusammenkomponiert. Erst dann wurde er in das Buch des Propheten Jesaja aufgenommen. Geboten wird uns nun ein gewaltiges Endzeitgemälde, das von drei Hauptthemen beherrscht wird:
- vom großen Weltgericht,
- vom Festmahl aller Völker auf dem Zion
- und von der Auferstehung der Toten.
In Jes 24, der Schilderung vom großen Weltgericht, wird nicht mehr nur von einer Vernichtung der jahwefeindlichen Mächte gesprochen. Hier ist bereits von einem Weltgericht die Rede, in dessen Folge sich die gegenwärtige Weltordnung auflösen wird. Wir haben hier also eine Weiterentwicklung des endzeitlichen Gedankens vorliegen. Die jetzt bestehende Welt und ihre Ordnung wird vergehen. Dies läuft bereits parallel mit den späteren Vorstellungen der Apokalyptik. Charakteristisch dafür ist etwa Jes 24,4: "Die Erde welkt, sie verwelkt, die Welt zerfällt, sie verwelkt, Himmel und Erde zerfallen!" (Jes 24,4) Und ähnlich sagt es auch Jes 24,19: "Es berstet und zerbricht die Erde, es reißt und zerreißt die Erde." (Jes 24,19) Und selbst die "Himmlischen" werden von diesem universalen Gerichtshandeln Gottes nicht verschont: "An jenem Tag wird Jahwe heimsuchen das Heer des Himmels in der Höhe und die Könige der Welt auf der Erde." (Jes 24,21) So erweist sich Jahwe am Ende der Tage über Himmel und Erde, über den ganzen Kosmos als universaler König. Er tritt seine Königsherrschaft auf dem Berg Zion und in Jerusalem an. Dort offenbart er seinen Ältesten seine "strahlende Pracht" (Jes 24,23).
Darauf folgt ein großes Festmahl, das "Krönungsmahl" des Königs Jahwe. Und im Zusammenhang mit diesem Mahl - so schildert es Jes 25,7 in apokalyptischer Sprache - nimmt Jahwe die Hülle, die alle Nationen verhüllt weg und zerreißt die Decke, mit der alle Völker bedeckt waren (Jes 25,7).
Die Erklärung für dieses rätselhafte Wort bietet der nächste Vers (Jes 25,8). Mit dieser Decke und der Hülle meint der Text nämlich die Trauer der Menschheit um die Toten. Die Decke der Trauer wird von den Menschen weggenommen, denn Gott vernichtet den Tod. Ja, ganz wörtlich übersetzt, er "verschlingt den Tod" richtiggehend.
Die Überwindung der "Macht des Todes" wird damit nach Jes 25 zum zentralen eschatologischen Heilsgut. Erst durch die Überwindung des Todes - und genau dadurch - wird das Festmahl auf dem Zion zum universalen Freudenmahl. Damit sind wir am Gipfel der Zukunftserwartung des Alten Testamentes angelangt: Gottes Königsmacht setzt sich durch gegen alle widrigen chaotischen Mächte. Und sie setzt sich letztlich auch durch gegen die Gewaltmacht des Todes, die unsere Weltzeit versklavt.
Dies wird gefeiert in einem endzeitlichen Mahl, ein Bild, das sich auch im Neuen Testament findet. Dort wird ja von einem frohen Hochzeitsmahl gesprochen.
Das Alte Testament ist hier sogar noch ein wenig griffiger. Es handelt sich hier schließlich nicht nur um ein normales Fest, es handelt sich um eine immerwährende, eine andauernde Siegesfeier. Die Siegesfeier anlässlich der Vernichtung des Todes. Einen Aspekt, den man bei uns dann im eucharistischen Mahl wiederfindet. Denn das Mahl der Eucharistie ist ja ebenfalls die "Siegesfeier" anlässlich der Überwindung des Todes durch Jesus Christus. Darüber hinaus zeichnet die gemeinsame Mahlzeit alle Religionen aus, die den Aspekt der Überwindung und Transzendierung der Gegensätze suchen.